"Eins ist gewiß", sprach
Benjamin, "Intelligenz ist Dilettantismus. Intelligenz
blufft uns nicht mehr. Sie schauen hinein. Wir schauen heraus.
Sie sind Jesuiten der Nützlichkeit. Intelligent wie Savonarola,
das gibt es nicht. Intelligent wie Manasse, das gibt es. Ihre
Bibel ist das bürgerliche Gesetzbuch."
"Du hast recht", sagte Jopp, "Intelligenz ist
verdächtig: Scharfsinn lancierter Reklamechefs. Der Asketenverein
zum häßlichen Schenkel hat die Platonische Idee erfunden.
"Das Ding an sich" ist heute ein Schuhputzmittel.
Die Welt ist keß und voll Epilepsie."
"Genug", sprach Benjamin, "mir wird übel,
wenn ich von 'Gesetz' höre und von 'Kontrast' und 'Harmonie'
und von 'Also' und 'folglich'. Das Zebu ist ein ostindischer
Ochse. Und der Lämmergeier keine Stopfgans. Ich hasse die
Addition und die Niedertracht. Man soll eine Möve, die
in der Sonne die Schwingen putzt, auf sich beruhen lassen und
nicht 'also' zu ihr sagen. Sie leidet darunter."
"Also", sprach Stießelhäher, "laßt
uns das Carousselpferd Johann in Sicherheit bringen und einen
Kantus singen aufs 'Fabelhafte'."
"Ich weiß nicht", sprach Benjamin, "wir
sollten doch lieber sofort das Carousselpferd Johann in Sicherheit
bringen. Es sind Anzeichen vorhanden, dass Schlimmes bevorsteht."
In der Tat waren Anzeichen vorhanden, dass Schlimmes bevorstand.
Ein Kopf war gefunden worden, der schrie "Blut! Blut! Blut!"
unstillbar und Petersilien wuchsen ihm über die Backen
herunter. Die Thermometer standen voll Blut. Und die Muskelstrecker
funktionierten nicht mehr.
Auf himmelblauer Tenne aber, mit großen Augen, ganz in
Schweiß gebadet, stand das Carousselpferd Johann. "Nein
nein", sagte Johann, "hier bin ich geboren, hier will
ich sterben." Das war eine Unwahrheit. Denn Johanns Mutter
stammte aus Dänemark. Der Vater war Ungar. Man wurde sich
aber doch einig und floh noch in selbiger Nacht.
"Parbleu", sagte Stießelhäher,
"hier hat die Welt ein Ende. Hier ist eine Wand. Hier
kommen wir nicht weiter." In der Tat gab es da eine Wand.
Die stieg senkrecht zum Himmel.
"Lachhaft", sprach Jopp, "wir haben die Fühlung
verloren. Ließen uns da in die Nacht hinein und haben
vergessen, Gewichtsteine an uns zu hängen."
"Papperlapapp", sprach Stießelhäher,
"hier müffelt's. Ich gehe nicht weiter. Hier liegen
Fischböcke. Hier waren die Seekatzen am Werk. Hier hat
man die Wellenböcke gemolken."
"Weiß der Teufel", sprach Runzelmann, "auch
mir ist nicht recht geheuer. Man wird uns die Scharlatanenhemden
über die Ohren ziehen." Er schlotterte heftig.
"Das Ganze halt!" befahl Benjamin, "was steht
da? Ein Zeiserlwagen? Grün mit Gitterfenstern? Was wächst
da? Agaven, Fächerpalmen und Tamarinden? Jopp, sieh im
Zeichenbuch nach, was das zu bedeuten hat!"
"Kommen Sie näher, meine Herren", ließ
sich plötzlich eine Stimme vernehmen. "Sie sind
auf dem Holzweg." Es war der Häuptling Feuerschein.
"Wo tappen Sie nächtlicherweile herum? Und in welchem
Aufzug? Nehmen Sie die Celluloidnasen ab! Demaskieren Sie
sich! Man kennt Sie. Was sind das für Schellenbäume,
die Sie da bei sich tragen?"
"Das sind Pritschen und Klingelstöcke und Narrenpeitschen,
mit Verlaub."
"Was ist das für ein Blasinstrument?"
"Das ist der Nürnberger Trichter."
"Und was ist das für ein Watteklumpen da an der
Leine?"
"Das ist das Carousselpferd Johann, bestens in Watte
verpackt."
"Larifari, was wollen Sie mit dem Carousselpferd hier
in der Libyschen Wüste? Wo haben Sie das Pferd her?"
"Es ist gewissermaßen ein Symbol, Herr Feuerschein.
Wenn Sie gestatten. Sie sehen nämlich in uns den sterilisierten
Phantastenklub 'Blaue Tulpe'."
"Symbol hin, Symbol her, Sie haben das Pferd dem Heeresdienste
entzogen. Wie heißen Sie?"
"Das ist ein entsetzlicher Kerl", sagte Jopp leise
zu Stießelhäher, "das ist ja die glatte Robinsonade."
"Mumpitz", sprach Stießelhäher, "er
ist eine Fiktion. Das hat dieser Benjamin angerichtet. Er
denkt sich das aus und wir haben zu leiden darunter."
"Sehr geehrter Herr Feuerschein! Ihr conföderiertes
Naturburschentum imponiert uns nicht. Noch Ihre Latwergfarbe.
Noch Ihre entliehene Kinodramatik. Aber ein Wort zur Aufklärung:
Wir sind Phantasten. Wir glauben nicht mehr an die Intelligenz.
Wir haben uns auf den Weg gemacht, um dies Tier, dem unsere
ganze Verehrung gilt, vor dem Mob zu retten."
"Ich kann Sie verstehen", sprach Feuerschein, "aber
ich bin außer Stande, Ihnen zu helfen. Steigen Sie ein
in den Zeiserlwagen! Auch das Pferd, was Sie da bei sich haben!
Vorwärts marsch, keine Umstände, einsteigen!"
Die Hündin Rosalie lag schwer in den Wochen.
Fünf junge Polizeihunde erblickten das Licht der Welt.
Sie trugen preußische Wappen und hatten naßgraue
Köpfe. Auch fing man um diese Zeit in einem Spreekanal
zu Berlin einen chinesischen Kraken. Das Tier wurde auf die
Polizeiwache gebracht.
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